Alljährlich werden an bayerischen Gymnasien P-Seminare geehrt, die sich durch inhaltliche Tiefe, organisatorische Umsicht und Originalität auszeichnen. Das Kultusministerium arbeitet bei der Ausschreibung des Preises mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V., dem Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft und der Eberhard von Kuenheim Stiftung der BMW AG zusammen. Die Auszeichnungen werden im Auftrag des Ministeriums in den Bezirken durch die Ministerialbeauftragten ausgelobt. Zum wiederholten Mal erhielten Niederalteicher Gymnasiasten den Preis. Beim Festakt zur Ehrung ihrer Leistung waren der Gewichtung des Preises entsprechend Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Bildung anwesend. In seiner Begrüßung hieß Schulleiter Johann Lummer Landrat Bernd Sibler, den stellvertretenden Landrat Josef Färber, den Ministerialbeauftragten für die Gymnasien in Niederbayern Peter Brendel, die Geschäftsführerin der Vereinigung Bayerischer Wirtschaft in der Region Niederbayern Frau Dr. Jutta Krogull, Bürgermeister Albin Dietrich, Cellerar Fr. Vinzenz Proß und Schülersprecherin Johanna Gsödl willkommen.
Unter der Leitung von StR Peter Hatzl i.K. hatten die Schülerinnen und Schüler eine Ausstellung zum Thema „Bücherverbrennung bayerischer Autoren 1933“ erarbeitet. Im Gotthardsaal konnten die Roll-ups besichtigt werden, die sich jeweils Autoren und einer Autorin aus dem Kreis der von den Nationalsozialisten verfemten Literaten widmeten. Landrat Bernd Sibler beschrieb P-Seminare als Möglichkeiten, über den Schultellerrand hinauszuschauen. Die verpflichtende Zusammenarbeit mit externen Partnern weitet den Blick und öffnet die Augen für wirtschaftliche Zusammenhänge. In seinem Grußwort hob er die kluge Auseinandersetzung mit dem Thema hervor, die aus der Arbeit des Seminars erkenntlich wird. Dass Kunst zu einem Kampfbegriff des NS-Staates verkam, zeige die Zersetzung der literarischen Landschaft durch Bücherverbrennungen in besonderer Weise. Sibler betonte, dass in Zeiten politischer Polarisierung die Sensibilisierung für die Einschränkung bürgerlicher Freiheit von großer Bedeutung ist.
In seiner Laudatio griff der Ministerialberauftragte Peter Brendel diesen Faden auf. „Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen“, eröffnete er seine Rede mit einem Zitat von Heinrich Heine aus dem Jahr 1833. Wie eine düstere Prophetie erscheint Heines Wort, das 100 Jahre später schreckliche Wirklichkeit wurde. Die Bücherverbrennungen waren der Auftakt für die zunehmende Einschränkung der Freiheit. Sie symbolisierten einen Angriff auf das freie Wort als Vorbote auf den Angriff auf die Menschen selbst. Brendel betonte, dass aus der Asche der Vergangenheit eine Verpflichtung erwachse, dass sie eine Warnung in einer Zeit ideologischer Extreme sei. „Nie wieder ist jetzt“, sei deshalb eine wesentliche Lehre, die aus der Vergangenheit zu ziehen sei.
Wie Brendel würdigte Frau Dr. Jutta Krogull als Vertreterin der Wirtschaft das Engagement des Seminars, das Organisationstalent und die umsichtige Begleitung durch Peter Hatzl. Ein P-Seminar bilde das Teamwork ab, das in der Arbeitswelt elementar erscheint. Sich vernetzen, sich austauschen und gemeinsam entwickeln sind Grundkompetenzen für produktives wirtschaftliches Handeln. Dies wurde im P-Seminar exemplarisch umgesetzt. Daneben gehen demokratisches Verständnis und die Vorstellung eines freien Marktes Hand in Hand. Umso wichtiger erscheinen Projekte wie das Niederalteicher Seminar zur Förderung einer freiheitlich-demokratischen Grundhaltung.
Peter Hatzl dankte als Leiter des Seminars den Schülerinnen und Schülern für die außerordentliche Leistung sowie der Schulleitung für die gewährten Freiräume. Danach kamen die Hauptprotagonisten, die Seminaristen, zu Wort und stellten in Kurzbiographien und literarischen Lesungen die Autoren vor, zu denen sie die Ausstellung erarbeitet hatten. Dazu gehörten Alexander Moritz Frey, Leonhard Frank, Marieluise Fleißer, Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger und Oskar Maria Graf. In der Vorstellung ihrer Lebensgeschichten wurde die ganze Bandbreite der Menschenverachtung des NS-Regimes deutlich. Es sind Geschichten, die von rücksichtsloser Verfolgung, von öffentlicher Schmähung und Häme gekennzeichnet sind. Das Vergehen der Literaten lag darin, für eine friedliche Welt geschrieben und Kriegseuphorie, Militarismus und Untertanengeist als Kennzeichen eines destruktiven Systems gebranntmarkt zu haben. Dafür gingen ihre Bücher in Flammen auf und ihr Leben zum Teil in die Brüche.
Zum Abschluss des Festakts überreichte Peter Brendel den Mitgliedern des Seminars die Preisurkunden. Feierlich umrahmte das Instrumentalensemble der 12. Klasse unter Leitung von Bernhard Falk die Stunde mit eleganter Renaissancemusik. Zum Ausklang fanden sich die Besucher bei Saft und Gebäck zu anregenden Gesprächen an den Stehtischen im Gotthardsaal zusammen.
Bernhard Falk / 14.11.24