Nach dem von beiden Seiten als großen Erfolg bezeichneten Startschuss im vergangenen Schuljahr freuten sich das St. Gotthard Gymnasium Niederalteich und das Presentation College in Athenry auf eine Fortsetzung des Schüleraustausches, und mit ihnen 19 Schülerinnen und Schüler auf beiden Seiten.
Für einige Kinder in der aus Neunt- und Zehntklässlern bestehenden Gruppe war es der erste Flug ihres Lebens; für fast alle die erste Auslandserfahrung ohne eigene Familie. Entsprechend groß war die Aufregung, als sie in Begleitung von Frau Oberneder, Herrn Lummer und Herrn Leuchtner an einem Nachmittag Ende September das Flugzeug nach Dublin bestiegen und nach einer Busfahrt von der Ost- zur Westküste am späten Abend an der Partnerschule in Athenry herzlich empfangen wurden. Nach einer raschen Zuteilung unserer Jungs und Mädels in die zugedachten Gastfamilien waren etwaige Sprachhemmungen bald gefallen und die Nervosität schnell vergessen. Die gut gemeinte Anmerkung einer Gastmutter, wie viel es doch an Mut bedarf, sich auf den Weg in eine unbekannte Familie zu machen, konterte unser Schüler besonnen mit einem „No, you’re brave, because you don’t know who’s coming!“.
Nach einem kompletten, aber dennoch viel zu kurzen Wochenende mit individuellem Programm in der jeweiligen Familie, das von Ausflügen ins nahe Galway, über den Besuch von Sportveranstaltungen (Hurling, Rugby, …) oder Familienfeiern bis hin zum traditionellen Kirchenbesuch am Sonntagvormittag reichte, fanden sich die irischen Kinder mit ihren deutschen Gästen am Montagmorgen extra früh in der Schule ein, um mit den Lehrern beider Seiten zum ersten gemeinsamen Programmpunkt zu starten:
Einen Besuch der nur per Fähre erreichbaren Aran Islands und der Cliffs of Moher an der irischen Westküste. Auf Inis Oirr hatten alle Kinder die wohl einmalige Gelegenheit, eine Postkarte von einer einsamen Insel im Atlantik aus nach Hause zu schicken. Sollten darauf die typischen Floskeln, wie „das Wetter ist gut“ gefallen sein, war das nicht gelogen. Wir erwischten von den geschätzt jährlich 20 Sonnentagen tatsächlich vier während dieser Austauschwoche.
Am Dienstag konnte sich die Gruppe ein Bild vom irischen Schulalltag machen. Der späte Unterrichtsbeginn mit 9 Uhr oder die relativ großen Freiheiten der sich im Transition Year befindenden irischen Partnerschüler fielen ebenso positiv auf, wie die sehr elegant wirkende Schulkleidung.
Um diese Eindrücke des irischen Schulalltags bereichert, folgte das Highlight des Gastschulaufenthalts am Mittwoch, als die Flut genau richtig war für den Surfausflug nach Lanhich. Unter herrlich blauem Himmel war es sichtlich kein Problem für die Kinder, in ihren schützenden Neoprenanzügen im Minutentakt in die brechenden Wellen des Atlantiks zu stürzen.
Nach einem gemeinsamen Besuch des Heritage Centers in Athenry am Donnerstag, das im Stile eines Re-Enactments eine sehr lebendige Zusammenfassung der irischen Geschichte der letzten 1000 Jahre darbot, war die Stimmung nach Rückkehr zum College fast ein wenig gedrückt – stand doch der letzte Abend in den Familien bevor, ehe es hieß, für den Freitag die nun gut mit Souvenirs gefüllten Koffer zur Heimreise zu packen. Weil an diesem Abend auch „open evening“ war (was sinngemäß dem „Tag der offenen Tür“ bei uns entspricht), erklärten sich einige unserer Jungs dazu bereit, diesen zur Unterstützung der Fachschaft Deutsch an der Partnerschule zu verbringen und kräftig Werbung für unsere Sprache und natürlich auch dem damit verbundenen Austausch zu machen.
Freilich waren sich am Freitag alle einig, als nach teilweise tränenreichen Umarmungen gegen Mittag der Bus Richtung Dublin bestiegen wurde, dass die Woche viel zu kurz war. Doch was gibt es besseres, als sich nun mit dieser wertvollen Lebenserfahrung im Gepäck auf den Gegenbesuch im Frühling zu freuen? Dann weiß jeder Irre, welche Familie ihn erwartet und die deutschen Gastgeber kennen ihren Besucher.
Tobias Leuchtner / 8.11.24