Anja Daumerlang hat eine Fähigkeit, die selten ist. Sie kann in die Seele singen. Egal, ob sie somnambul orientalisch anmutende Motive weiterspinnt, die Augen geschlossen und gestikulierend, als würde sie die Töne aus der Luft greifen, oder lässig im klassischen Jazz-Stil Blues-Balladen gestaltet: Ihre Stimme trifft zielsicher in eine Zone, die mit Nebenbei-Jazz und Easy-Listening-Fahrstuhl-Musik nicht viel gemein hat.

Manchmal löst sie mit ihren Mitspielern Jan-Peter Itze (Piano), Thomas Eilingsfeld (Bass) und Maximilian Autsch (Drums) die Songform in ein freies Spiel von Farben und Motiven auf, aus denen hochvirtuose Soli herausragen, um dann unvermittelt klangvoll-energische Klänge gegen innehaltendes, geheimnisvolle Flüstern zu stellen.

Dem Nebeneinander von ekstatischer Berauschung und inniger Beseelung folgt man der Band in jedem Ton, in jedem Schlag. Vielleicht hat das auch mit den Künstlern selbst zu tun. Ihre technische Brillanz und ihr kluges Spiel klingt wie nebenbei, ohne einen Hauch von Allüre und gekünstelter Masche. Die natürliche Art, ihre komplexen Klanggebilde so selbstverständlich zu performen, zog die Zuhörer, die von der ersten Nummer an begeistert applaudierten, in ihren Bann.

Man möchte Leonida wünschen, dass ein großes Publikum auf sie aufmerksam wird. Die Musik der Band ist weit mehr als wieder mal eine Auslegung dessen, was moderner Jazz sein könnte. Es ist eine farbenreich schöpferische Variante von aktuellem Jazz, der hörbar und herausfordernd zugleich ist.

Niederalteich kann durchaus stolz sein, dass Künstlerinnen vom kreativen Format einer Anja Daumerlang ihre musikalischen Wurzeln in der Schule haben.