St.-Gotthard-Gymnasium der Benediktiner Niederaltaich

Schultheater

Macbeth ohne Kulissen, Requisiten und Theaterblut, aber als verallgemeinerbares Psychogramm des Bösen

Kurs „Dramatisches Gestalten“ Q 11/12 begeistert in der Aufführung am 25./26.01.2019 wieder einmal mit einem Shakespearestück

Nicht zum ersten Mal stand auf dem Programm des Kurses „Dramatisches Gestalten“ am St.-Gotthard-Gymnasium ein Shakespearestück. Die Tragödie des ehrgeizigen Königsmörders Macbeth ist allerdings ein Kronjuwel im Repertoire eines Ensembles. Die Größe des Kurses, vor allem aber die schauspielerische Leidenschaft und Einsatzbereitschaft der Schülerinnen und Schüler ermöglichte in diesem Jahr die Umsetzung dieses Stückes.

Shakespeare wählte für sein Drama einen Stoff aus der Geschichte Schottlands Mitte des 11. Jahrhunderts. Damals gab es keine erbliche Dynastie, die Könige wurden innerhalb einer erlesenen Gruppe von Thronberechtigten erwählt. So gehörten Intrige und Mord zum politischen Geschäft. Trotzdem ist sein „Macbeth“ nicht einfach ein Historiendrama, sondern der Versuch, exemplarische Antworten zu finden auf die Frage, wie das Böse in den Menschen kommt und wie es dann in ihm wirkt.

Macbeth (Moritz Grimm Q 12) hat sich im Kampf gegen den norwegischen König und schottische Rebellen als Held und treuer Vasall des Königs Duncan (Patrizia Hinz Q 12) erwiesen. Sein Ehrgeiz auf den Königsthron wird durch einen prophetischen Spruch von Hexen (Jenny Stöter Q 11, Paul Rüpl Q 12, Anastasia Rejter Q 11) geweckt und angefacht durch die unbarmherzige Härte seiner Frau (Nadine Liste Q 11). Während Treue und heiliges Gastrecht Macbeth zuerst noch zögern lassen, den Schritt über die gefährliche Grenze zu wagen, so schreitet er nach der ersten Mordtat bedenkenlos fort, Konkurrenten zu beseitigen, und schreckt zuletzt nicht einmal mehr davor zurück, deren unschuldige Frauen und Kinder niederzumetzeln.

Die Schüler versuchten in ihrer Interpretation Antworten anzudenken, wie es zu einer solchen Verwandlung eines zunächst edlen Charakters kommen kann. Das sind zum einen Schicksals- oder sogar Höllenmächte, verkörpert durch die Hexen und Hekate (Martina Meyritz Q 12), zum andern aber auch der maßlose Ehrgeiz der Frau und die leidenschaftliche Liebe und Abhängigkeit ihres Mannes. Oder aber das Böse ist immer schon eingewurzelt in der Seele jedes Menschen und tritt in verschiedenen Formen zu Tage, die durchaus auch gesellschaftlich legitimiert sein können, wie z.B. im Krieg. Denn gleich zu Beginn schildert der sterbende Hauptmann (Sophie Weiß Q 11), wie Macbeth auf dem Schlachtfeld gnadenlos wütet, im Blut badet und den verräterischen Macdonwald auf brutalste Weise verstümmelt und gerade dafür von Duncan besonders ausgezeichnet wird. Elena Rainer Q 11 reflektierte als Arzt in einem vom Ensemble gestalteten Prolog und Epilog über diese Ambivalenz des Bösen.

In Moritz Grimm und Nadine List hatten sich für die beiden Protagonisten ebenbürtige Darsteller gefunden, die durch ihr überzeugendes Spiel authentisch das Psychogramm des Bösen nachzeichneten: Lady Macbeth, deren Gewissen gerade in der Nacht nicht zur Ruhe kommt, sie schlafwandelnd umhergehen und sich neurotisch das Blut von den Händen waschen und schließlich Selbstmord begehen lässt. Macbeth dagegen zeigte sich hin und her gerissen zwischen Wahnvorstellungen und Allmachtsphantasien, trügerische Sicherheit bei den zweideutigen Verheißungen der Schicksalsschwestern suchend.

In verschiedenen Ansätzen versuchte das Ensemble zu experimentieren: Shakespeares Wortspiel vom Mann Sein und Manns-Sein zur gewaltsamen Tat, das leitmotivartig im Stück wiederkehrt, führte zu dem Entschluss, das Stück „genderfrei“ zu spielen. So wurde König Duncan von Patrizia Hinz Q 12, seine Söhne Malcolm und Donalbain von Magdalena Bräu Q 11 und Jakob Till Q 11 dargestellt. Auch die Offiziere waren gleichermaßen Männer (David Busch Q 11, Benedikt Schiefl Q 12) und Frauen (Scarlett Kelmendi Q 11, Isabell Weber Q 11), Laura Glockner Q 11 überzeugte in der Rolle Macduffs, der am Ende Macbeth vernichtet, ebenso wie Dominik Jung Q 12 als Lady Macduff und Susanne Kroiß Q 11 als ihr gemeinsamer Sohn.

Den Gedanken der Allgemeingültigkeit wollte das Ensemble durch den Verzicht auf historisierende Details, Kostüme, Kulissen und Requisiten zum Ausdruck zu bringen. Das Böse bedient sich verschiedener Waffen, nicht nur der Dolche und Schwerter. So traten denn am Ende noch einmal alle Darsteller, z.T. im Publikum verstreut, als Macbeth auf. In jedem schlummert der Hang, dem Bösen nachzugeben, wenn sich die Gelegenheit bietet und der eigene Vorteil lockt – jeder ist Macbeth.

Trotz der Länge des Stücks machte das so leidenschaftliche Spiel der jungen Darsteller, die ganz in ihren Rollen aufgingen (erwähnt seien auch David Anheißer Q 12 als Banquo, Alina Rager als sein Sohn Fleance und Nico Schneider Q 11 als Pförtner und Bote) und sich gegenseitig in ihrem ausdrucksstarken Spiel noch beflügelten, den Abend zu einem interessanten und anregenden Theatergenuss. Unterstützt wurden sie dabei von dem technischen Nachwuchstalent Christoph Gerstl 6a mit psychedelischen und hervorragend eingesetzten Lichteffekten.