St.-Gotthard-Gymnasium der Benediktiner Niederaltaich

Sonstige Veranstaltungen

Dem Altaicher Klostergold auf der Spur – Gymnasiasten lassen alte Brautradition aufleben

Vor 50 Jahren ist im Kloster Niederaltaich zum letzten Mal Bier gebraut worden. Gymnasiasten haben im Rahmen eines P-Seminars das „Niederalteicher Klostergold“ nachbrauen lassen und nun zur Verkostung eingeladen.

Anfang der 1970er Jahre verschwand mit der Klosterbrauerei Niederaltaich eine Braugeschichte, welche nicht nur mit den ältesten, noch aktiven Brauereien der Welt konkurrieren könnte, sondern auch eine Tradition, die vor allem eng mit Klöstern, Mönchen und speziell den Benediktinern verbunden ist. Wurde doch bereits 1254 ein Brauhaus in den Chroniken der Abtei Niederaltaich erstmals urkundlich erwähnt.  1321 erhielt das Kloster, das bereits 741 gegründet wurde, die herzögliche „Erlaubnis, Bier ohne Einschränkungen herstellen und verkaufen zu dürfen“. Damit nach über 700 Jahren nach der herzoglichen Erlaubnis zur klösterlichen Bierherstellung wieder das Altaicher Klostergold genossen werden kann, hatte das P-Seminar als Ziel, das alte Bierrezept wieder aufleben zu lassen und zu vermarkten. Ein alter Sudbericht war der Startschuss für dieses Projekt der Schülerinnen und Schüler des St.-Gotthard-Gymnasiums der Benediktiner Niederaltaich und ihrem Seminarleiter Alfred Hüttinger.

Über die beiden Alumni der Technischen Universität München-Weihenstephan, Agnes Auer-Seidl und Maximilian Frammelsberger, Gründungsmitglied des Niederalteicher Kultur.Boden-Vereins, kam der Kontakt zu den Brau-Experten Dr. Martin Zarnkow und Diplom-Braumeister Friedrich Ampenberger vom Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität der TU München zustande. Diese konnten schnell für das – auch für dieses Zentrum der Brautechnologie – außergewöhnliche Projekt gewonnen werden. Nach einer kurzen Planungsphase, inklusive Braurezeptanalyse, wurde ein Termin für einen gemeinsamen Brauversuch am Forschungszentrum in den Gemäuern eines alten Benediktinerklosters festgelegt.

Viele der ältesten, noch existierenden Brauereien gehen auf ehemalige Klosterbrauereien zurück und die meisten davon waren Benediktinerklöster. So auch die Staatsbrauerei Weihenstephan, die älteste, bestehende Brauerei der Welt. 725 wurde das Benediktinerkloster Weihenstephan durch den heiligen Korbinian gegründet und 1040 begann man laut offiziellen Urkunden mit dem Bierbrauen.

Damit das Einmaischen an der Pilotbrauerei des Institutes rechtzeitig beginnen konnte, mussten alle Beteiligten, ähnlich zu den Benediktinermönchen, pünktlich zur Zeit der Morgenhore um 05:00 Uhr aufstehen, um den Zug nach Freising rechtzeitig zu erreichen. Die Brau-Historiker und Hochschuldozenten Zarnkow und Ampenberger organisierten alle „alten“ Rohstoffe, wie den Doldenhopfen, die Hefe und das Spezial-Malz, welches in der Klosterbrauerei Niederaltaich seit jeher von den eigenen Brauern und Mälzern selbst hergestellt wurde. Um das Rezept des „Altaicher Klostergold“ so exakt wie möglich nachzubrauen, brachten die SchülerInnen den letzten, mitentscheidenden Rohstoff aus Niederalteich mit: das Wasser. Apotheker Andreas Grill von der Stadt-Apotheke Osterhofen hatte ihnen die großen Glasbehälter überlassen.

Nach dem Einmaischen erfolgte das Würzekochen mit dem nicht mehr so populären, weil zeit-, arbeits- und energieintensiveren „Dekoktionsverfahren“. In mehreren Schritten wird ein Teil der Maische in einer zweiten Maischpfanne aufgekocht und danach wieder der Hauptmaische zugeführt. So steigt die Temperatur der ganzen Maische schrittweise an. Was das alte Benediktiner-Rezept aber insbesondere von modernen Bieren unterscheidet ist, dass es sich um einen sogenannten „Blausud“ handelt. Davon ist die Rede, wenn, entgegen des eigentlichen Ziels, beim Würzekochen nicht alle Stärke verzuckert wird. Durch die in der Würze verbliebene Stärke wird der Sud nicht komplett vergoren und das fertige Bier bleibt durch die Stärke trüber und hat mehr Vollmundigkeit.

Die Wartezeit zwischen einzelnen Arbeitsschritten wurde mit einer kleinen, feinen Campusführung inklusive einer ausführlichen Führung in der Staatsbrauerei Weihenstephan überbrückt.

Den letzten Schritt, den das Seminar an diesem besonderen Brau-Tag begleitete, war das Umpumpen in den Gär- und Lagertank. Laut den Ur-Niederalteichern und einstmaligen Braulehrlingen der Klosterbrauerei, Hans Waas und Franz-Xaver Allinger, war der Abschluss eines jeden Suds die Beschriftung von Gär- und Lagergefäßen mit den Buchstaben G-g-G-u-S-d. Nachdem Ampenberger die Runde aufklärte, dass diese Buchstaben für die Worte „Gott gebe Glück und Segen drein“ stehen, wurden diese auch lautstark gemeinsam aufgesagt.

Und das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Die Qualitätskontrolle mit Zeit- bzw. Geschmackszeugen im Rahmen des Präsentationsabends am ersten Adventswochenende fiel durchweg positiv aus. Franz-Xaver Allinger, der 1961 seine Lehre in der Klosterbrauerei antrat, bescheinigte dem fertigen Bier eine ausgezeichnete Qualität. Kurze Trailer, von den Schülern gestaltet, stimmten auf die Verkostung ein.

Geladen waren alle Kooperationspartner und Sponsoren: Töpfer Lutz Pflugk war angereist. Er hatte Bierkrüge getöpfert und die Glasur den Originalen nachempfunden. Die Glasfachschule war mit vier Lehrerinnen und Lehrern vertreten. Sie hatten eine alte Prägeflasche als Vorlage und gestalteten eine edle Gravur in 1-Liter-Glasflaschen nach altem Motiv. Franziska Schmidt, Kunstlehrerin am St.-Gotthard-Gymnasiums, hatte die Zeichnung als Vorlage erarbeitet. Neben urigen Holztragerln, von der Holzmanufaktur Liebich in Zwiesel mit Aufdruck gefertigt, und typischen „Willibechern“ konnten sich die Besucher von der Vielfalt der Ergebnisse des P-Seminars überzeugen. Natürlich wurden auch die Etiketten bewundert: Das Seminar hatte ein modernes Design erstellt, welches vom Verlag-Druckerei Ebner in Deggendorf umgesetzt wurde. Und nachdem die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer nicht nur in Weihenstephan, sondern auch in Aldersbach in der dortigen Schaubrauerei das Bier brauen ließen, gab es unterschiedlich gestaltete Etiketten.

In Aldersbach hatten sich die beiden Braumeister Peter Wagner und Lorenz Birnkammer mit dem Originalrezept vertraut gemacht und 300 Liter des alten Suds angesetzt. In Bügelflaschen abgefüllt wurden am Präsentationswochenende über 500 Flaschen an interessierte Bierliebhaber abgegeben. Alle waren voll des Lobes über den Geschmack des Bieres. Ebenso waren die Besucher angetan von der Ausstellung mit Raritäten aus der Zeit der Klosterbrauerei. Einige Mönche der Abtei Niederaltaich und Privatpersonen hatten für die Ausstellung ihre Schätze aus der Hand gegeben und den Gymnasiasten zur Präsentation ihre Kostbarkeiten anvertraut. So erinnerten sich einige Niederalteicherinnen und Niederalteicher, die die „Schwemme“ vor 50 Jahren noch kennengelernt hatten, anhand der Bilder an die „gute, alte Zeit“ und erkannten darin so manche Gesichter wieder. Alte Ansichten der mittlerweile abgerissenen Klostergaststätte bis zu Aufnahmen aus Innenräumen der Klosterwirtschaft waren zu bestaunen. Ebenfalls alte Krüge, Gläser und Flaschen sowie Holztragerl aus den 60er Jahren, um die sich allen voran Max Frammelsberger kümmerte.

Mit dem Ergebnis ihres Projekts sind die Schülerinnen und Schüler absolut zufrieden. Hatte sogar der BR in der Abendschau über das Klostergold berichtet. Und auch der kleine Probierschluck am Präsentationsabend hat überzeugt. Denn – mehr als ein Glas des kostbaren Klostergoldes war den Schülerinnen und Schülern nicht vergönnt: Hatten sie doch die 300 Liter bereits im Vorfeld verkauft, um die Projektkosten finanzieren zu können. Doch dank des Freibieres der Brauerei Aldersbach musste es für die Gäste nicht beim Probierschluck bleiben.

Alfred Hüttinger / 01.12.22

Die beiden Trailer zum Klostergold

Der BR berichtete im Radio... und im Fernsehen.

Der Donau-Anzeiger berichtete (2.12.22)

Die PNP berichtete (10.1.23)